Rechtsanwalt und Vorsitzender Richter am Bayerischen Landessozialgericht a.D. ANTON RUBENBAUER informiert:

Deutschland ist ein verfassungsrechtlich garantierter Sozialstaat. Dies ergibt sich aus dem Grundgesetz und ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgesichert. Die Bürger haben vielfältige sozialrechtliche Ansprüche. Wer z.B. in einem Arbeitsverhältnis steht, ist automatisch gesetzlich renten- und krankenversichert. Betriebliche Unfälle und Unfälle auf dem Weg zur Arbeit und nach Hause sind ebenso versichert wie berufsbedingte Erkrankungen. Muss der Betrieb kurz arbeiten, erhält der Arbeitnehmer zum Ausgleich Kurzarbeitergeld und wird er arbeitslos bezieht er zunächst eine Zeit lang Arbeitslosengeld, anschließend bezieht er Leistungen nach dem sog. Hartz – 4 Gesetz. Bei Pflegebedürftigkeit erhält er Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz. Hinzukommen vielfältige Schutzgesetze im arbeitsrechtlichen Bereich, wie Kündigungsschutz, tarifliche Absicherungen, Mutterschutz und Vergünstigungen für Schwerbehinderte. Für Kinder gibt es Kindergeld, für Studenten Bafög und für Kleinrentner eine Aufstockung durch die sog. Grundsicherung. Nicht Erwerbsfähige können, wenn andere Sozialsysteme nicht greifen, Sozialhilfe empfangen. Im Ergebnis also ein (fast) lückenloses soziales Sicherungssystem für das fast die Hälfte des gesamten Bruttosozialprodukts Deutschlands aufgewendet wird. Ist Deutschland somit ein soziales Paradies?

Viele Bürger machen eine andere Erfahrung. Es ist oftmals nicht einfach die zustehenden sozialen Leistungen zu erhalten. Die staatlichen Stellen, die über die Gewährung von Sozialleistungen entscheiden, fühlen sich angesichts der hohen Staatsverschuldung und der angespannten staatlichen Haushaltslage Sparzwängen ausgesetzt. Die derzeitige Finanzkrise wir diesen Zustand in naher Zukunft noch verstärken. Oftmals werden zustehende Leistungen mit unzureichender Begründung ganz abgelehnt oder nur halbherzig gewährt. In dem unüberschaubaren Dickicht von Hunderten von Sozialgesetzen kann der Bürger leicht in einen Zustand der Hilflosigkeit gegen eine übermächtige Sozialbürokratie geraten. Deshalb sollte man spätestens nach der Ablehnung einer begehrten Sozialleistung fachkundigen Rat einholen und notfalls Widerspruch einlegen sowie Klage erheben. Ein in Sozialverfahren rechtsunkundiger Bürger hat kaum Chancen, seine berechtigten sozialrechtlichen Ansprüche allein durchzusetzen. Es ist dringend anzuraten, professionelle Hilfe zur Durchsetzung sozialer Rechte in Anspruch zu nehmen.

Der Gesetzgeber weiß um das Dilemma bei der Durchsetzung der vielfältigen sozialen Ansprüche auf dem Hintergrund einer höchst komplizierten Sozialgesetzgebung. Deutschland hat deshalb eine weitgehend gerichtskostenfreie Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit geschaffen, um dem Bürger einen umfassenden und wirksamen Rechtsschutz zu ermöglichen. Und wenn –wie häufig – die finanziellen Mittel der Antragsteller begrenzt sind, kann dem Rechtsschutz begehrenden Bürger, wenn er über keine Rechtsschutzversicherung für derartige Streitigkeiten verfügt, ein Rechtsanwalt auf Staatskosten im Wege der sog. Prozesskostenhilfe beigeordnet werden. Ein solcher Antrag auf Prozesskostenhilfe ist aber nur dann erfolgreich, wenn der Prozess Aussicht auf Erfolg hat. Über die Erfolgsaussicht entscheidet das Gericht vorab. Es versteht sich von selbst, dass es von Vorteil ist, einen in Sozial- und Arbeitsgerichtssachen erfahrenen Anwalt mit der Prüfung der Frage zu beauftragen, ob die Einlegung eines Widerspruchs oder der Gang zum Gericht aussichtsreich ist. Aufgrund des sachkundigen Vortrags eines spezialisierten Anwalts bestehen dann gute Chancen, dass das Gericht vorab die Erfolgsaussichten eines Prozesses positiv beurteilt und die Kosten für den eigenen Anwalt übernimmt. Da in den meisten Streitigkeiten, die Behörden vor Gericht sich selbst vertreten, fallen für einen gegnerischen Anwalt keine Kosten an, selbst wenn der Prozess verloren wird. Auch hier gilt in Abwandlung des Sprichwortes „wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, wer nicht klagt, der nicht gewinnt. Seien Sie also kein Hasenfuß, besprechen Sie sich mit Ihrem Anwalt des Vertrauens und klagen Sie Ihre sozialen Rechte ein.